Bio am Weinberg

Ein funktionierendes ökologisches System

Ökologischer Weinbau ist viel mehr als nur der Verzicht auf chemisch-synthetische Dünge- und Unkrautvernichtungsmittel. Das vorrangige Ziel des biologischen Anbaus ist, die Fruchtbarkeit des Bodens zu erhalten und zu steigern. Begrünung und Artenvielfalt sind wichtige, manchmal gut sichtbare Kriterien eines ökologisch bewirtschafteten Weinbergs. Makroökologische Systeme und Lebensräume sollen geschützt und erhalten oder wieder aufgebaut werden. Der natürlichen Entwicklung eines Makrokosmos soll Raum gelassen werden. Durch eine angepasste Kultivierung des Bodens, das Ausbringen organischen Düngers und die Begrünung des Weinbergs erhält der Winzer statt einer sterilen Monokultur ein funktionierendes ökologisches System mit hoher Artenvielfalt. Die Reben werden auf natürliche Weise mit Nährstoffen versorgt und vor Schädlingen geschützt. Ein begrünter Weinberg hat viele Vorteile. Gerade in Hanglagen ist die lockere Pflanzendecke ein wichtiger Schutz vor Erosion. Die Begrünung wird eigens für die jeweilige Bodenart ausgesucht. Sie hilft, den Nährstoffgehalt zu verbessern und die Wasseraufnahme- und -haltefähigkeit des Bodens zu fördern. Auch lockt die Pflanzenvielfalt Nutzinsekten an, die als natürliche Schädlingsbekämpfer z.B. gegen den Traubenwickler oder andere unwillkommene Gäste dienen. Und außerdem: Sieht ein grüner und blühender Weinberg nicht auch viel schöner aus?
Viel Arbeit der Bio-Winzer besteht darin, genau zu beobachten und dann zu handeln: Je nach Wetter und abhängig von der Ausbreitung von Schädlingen findet spezielle Nützlingsförderung und Stärkung der Reben mit natürlichen Spritzbrühen und z.B. Wasserglas statt. Pilzbefall behandelt der Bio-Winzer u.a. mit Präparaten aus Tonerde oder Algenextrakten, wenn es nicht vermeidbar ist, auch mit Kupfer- und Schwefelpräparaten, die im Bio-Weinbau allerdings nur in streng limitierten Mengen ausgebracht werden dürfen. Neben dem Boden, dem Grundwasser und den Nützlingen profitiert auch der Mensch in mehrfacher Hinsicht vom Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Winzer und Arbeiter im Weinberg kommen nicht mit gesundheitsgefährdenden Spritzmitteln in Berührung und beim Genuss des Weines werden keine Rückstände mitgetrunken.
In der Regel pflanzen Bio-Winzer Rebsorten an, die regionstypisch sind. Es geht um die klimatischen und geophysikalischen Bedingungen, zu denen eine Rebe passen sollte und um spezifische Resistenz gegen Krankheiten wie den echten und falschen Mehltau. In dem Kontext werden aber auch laufend Möglichkeiten erforscht, die Reben widerstandsfähiger zu machen. Eine in Deutschland zunehmende Verbreitung und Akzeptanz findende Alternative sind pilzwiderstandsfähige Sorten, „Piwi“ genannt. Die Rebstöcke dieser Sorten sind durch klassische Rebzüchtung widerstandsfähiger gemacht worden. Qualität und die Betonung des Terroirs stehen beim ökologischen Weinbau mit an erster Stelle. Ein mit natürlichen Mitteln gemachter Wein spiegelt in besonderem Maße seine Herkunft wider: den Boden, die Lage, Klima und Mikroklima, die Art und Weise, wie die Reben gepflegt werden. Weil die Nährstoffe nicht so leicht löslich sind, wie das bei Kunstdünger der Fall ist, bilden die Reben besonders tief reichende und verzweigte Wurzeln aus, die dementsprechend mehr Terroir bildende Stoffe aus Boden und Gestein ziehen können.

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